Handel & Verkehr

Erdgeschoss, Raum 2

Auf- und Abschwung

Fuhrwerk am Schwamendingerplatz

Wer aus dem Norden auf den Markt nach Zürich wollte, benutzte seit Urzeiten den Weg, der bei der Aubrücke über die Glatt und weiter durch das Zentrum des heutigen Schwamendingens führt. Unser Ort, am nördlichen Fusse des Zürichberges gelegen und letzte Station vor der Handelsmetropole Zürich, hatte eine hohe Wichtigkeit: Wer früh morgens, möglichst direkt nach Öffnung der Stadttore, am Markt sein wollte, war gut beraten, die Nacht in Schwamendingen zu verbringen und im Morgengrauen mit ausgeruhten Zugtieren den beschwerlichen, weil unbefestigten, Weg über den Milchbuck in Angriff zu nehmen. Führte man besonders viele Waren mit sich, konnten im Dorf zusätzliche Zugtiere zugemietet werden. Während Jahrhunderten blühte die Wirtschaft Schwamendingens ob dieser idealen Lage. Zeitweise übten hier über 20 Schmiede in mehreren Betrieben ihr Gewerbe aus. Und wer in Zürich gute Geschäfte machen konnte, wer sich mit leerem Fuhrwerk auf dem Weg in die nördliche Heimat befand, machte nicht selten in der Schwamendinger Ziegelei Halt, um für die eigenen Häuser moderne Dachziegeln zu erstehen.

Um 1853 hegte ein gewisser Alfred Escher Pläne für eine Bahnlinie zwischen Winterthur und Zürich. Er sah vor, Schwamendingen an diese Bahn anzuschliessen. Die Bewohner Schwamendingens allerdings wehrten sich vehement gegen dieses Vorhaben. Einerseits weigerten sie sich, das für den Bau nötige Land zu veräussern, andererseits machten sie auch weit grundlegendere Vorbehalte geltend: Die Eisenbahn fahre so schnell, dass man schon beim Anblick der rasenden Züge verrückt werden müsse.
Weil man sich dem Fortschritt nicht ganz in den Weg stellen wollte gestand man schliesslich zu, die Bahnlinie über Oerlikon zu führen. Oerlikon war damals ein peripherer Ort mit wenigen hundert Einwohnerinnen und Einwohnern, der zur Gemeinde Schwamendingen gehörte. Mit Eröffnung der Bahnlinie wurde jedoch Oerlikon zu einem wichtigen Eisenbahnknotenpunkt. Ein neues Selbstbewusstsein machte sich dort breit, so dass es 1872 zur Trennung in die beiden fortan selbständigen Gemeinden Schwamendingen und Oerlikon kam. Zahlreiche Arbeitsplätze entstanden in der neu erblühten Gemeinde Oerlikon, wodurch dessen Einwohnerzahl rapide anstieg. 1894 zählte Oerlikon 2'550 Einwohnerinnen und Einwohner, 1910 schon 5'807. Schwamendingen hatte nun das Nachsehen. Zwar fanden auch aus der hiesigen Bevölkerung viele Menschen Arbeit in Oerlikon, doch war es nicht länger unser Dorf, das in der Region den Ton angab.

Erst mit Betriebsaufnahme der S-Bahn 1990 fand Schwamendingen mit dem Bahnhof Stettbach doch noch Anbindung an das Eisenbahnnetz. Und wiederum ist ähnliches zu beobachten wie über hundert Jahre davor in Oerlikon: Die zuvor weitgehend unbebaute Fläche um den Bahnhof Stettbach erlebt einen gewaltigen Entwicklungsschub, zusätzlich getrieben durch die Glattalbahn!

Flugplatz Mattenhof

Comte vor Flugzeug am Mattenhof

Anders als bei der Eisenbahn war Schwamendingen ganz zuvorderst dabei in der Luftfahrt. Auf den Feldern des Mattenhofes der Familie Mahler errichten die beiden Flugpioniere Walter Mittelholzer und Alfred Comte (Foto) 1919 einen Flugzeugschuppen. Von hier aus boten sie mit ihrer Fluggesellschaft Ad Astra Rundflüge an. Wunderbare Luftaufnahmen von Comte & Mittelholzer von Schwamendingen, aber auch von weiteren Gebieten, finden sich im Ortsmuseum.

Nach der Fusion mit einem anderen Flugbetrieb zogen die Flieger 1921 um nach Dübendorf und mit einem Wasserflugzeug an den Zürichsee, wo aus diesen Betrieben schliesslich die Swissair hervor ging, deren Nachfolgegesellschaft die Swiss Airlines ist. Walter Mittelholzer war in der Folge der erste Direktor der Swissair AG und Autor zahlreicher berühmter Fotobände, beispielsweise mit Aufnahmen des ersten Überfluges über den afrikanischen Kontinent („Afrikaflug“).
 

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