Schule

1. Obergeschoss, mittleres Zimmer

Die Alte Schule

Wann genau die erste Schulstunde im Ort abgehalte wurde, ist unbekannt. In den Anfängen der Schule machten Wanderlehrer gelegentlich Halt in der Gemeinde um Lektionen vor allem biblischen Inhaltes zu erteilen.
Der erste urkundlich erwähnte Schwamendinger Schulmeister war 1624 Jakob Schön, drei Jahre bevor in den Akten des Grossmünsters Ausgaben für 6 Fenster für ein Schulzimmer im Ort protokolliert wurden. Entlöhnt hatte man die Lehrer, damals ein reiner Männerberuf, teils aus dem Kirchengut, teils aus Schulgeld von wohlhabenderen Eltern, teils durch Naturalien wie Feuerholz. Kaum je reichte ein Lehrereinkommen alleine zum Leben, Nebentätigkeiten waren eine Notwendigkeit. 1671 nahmen die Nebenbeschäftigungen des damaligen Lehrers jedoch überhand, so dass ihm der Zürcher Rat das weitere Weinausschenken und organisieren von Geldspielen in der Schulstube verbot. Die Folge davon: Der Lehrer Wüst gab das Unterrichten auf und führte die beanstandeten Tätigkeiten weiter.

Klassenfoto aus Schwamendingen
Schon in der alten Schule, aber bis weit ins 20. Jahrhundert hinein waren den Klassengrössen nur durch die Kapazität der Schulstuben Grenzen gesetzt.

Eine eigentliche Ausbildung zum Lehrberuf gab es damals nicht. Und nur in den seltenen Fällen wo sich mehr als eine Person um eine schlecht bezahlte Lehrerstelle bewarb, wurde geprüft, ob der Lehrer überhaupt die Unterrichtsfächer Lesen, Schreiben und Singen beherrscht. Dies endete erst mit der neuen liberalen Zürcher Regierung ab 1831, nachdem eine Erhebung zur Bildung von Lehrern krasse Wissensdefizite zu Tage förderte: Es gab Schulmeister, "die nichts Geschriebenes lesen konnten, und solche die nicht imstande waren mehrstellige Zahlen zu schreiben. Ein anderer behauptete bei Sempach sei der Riese Goliath ums Leben gekommen. Es wurde Basel ans Schwarze Meer verlegt", nach Wissen gewisser Lehrer.
Um hier Abhilfe zu schaffen, wurde das erste "Schullehrer-Institut" in Küsnacht ins Leben gerufen.

Lehrer Heinrich Bosshard

Lehrer Bosshard Auf Grundlage der neuen Kantonsverfassung 1831 wurde das Schulwesen reformiert. Der Ausbildung von Lehrern, bald auch von Lehrerinnen, schenkte man fortan die nötige Aufmerksamkeit. Zu den ersten Absolventen des neuen Lehrerseminars gehörte Heinrich Bosshard aus Bolstern bei Winterthur. Er war nicht bloss Schüler am Institut, er half selber mit in der Erstellung der ersten naturkundlichen Lehrmittel. Auch verfasste er Lieder für das neue weltliche Schulgesangsbuch. Nach Ende seiner Ausbildungszeit fand Bosshard Anstellung in Schwamendingen.
Bald nach Bosshard's Stellenantritt galt die Schwamendinger als eine besonders fortschrittliche Musterschule. Auch im Dorf selber erfreute sich der Lehrer Bosshard grosser Beliebtheit. Bei der reaktionären Obrigkeit nach dem Züriputsch von 1839 fiel er jedoch bald in Ungnade, vor allem als er sich für den von den Konservativen abgesetzten Küsnachter Seminarleiter stark machte. Auch Bosshard verlor in der Folge davon sein Lehramt, was die fortschrittliche Schwamendinger Bevölkerung jedoch nicht hin nehmen mochte - Bosshard wurde kurzerhand als Schwamendinger Gemeindeschreiber angestellt um ihn im Ort zu halten. Nach weiteren Solidaritätsbekundungen, einem gewonnenen Prozess und einer Petition an die Regierung hob letztere schliesslich das Berufsverbot wieder auf. Die konservative Regierung ihrerseits hatte sich hier mit der vorübergehenden Entlassung des beliebten Lehrers viele Feinde geschaffen. Dem Aufruf zur Demonstration gegen die Konservativen bei der Ziegelhütte folgten am 29. August 1841 über 20'000 Menschen aus dem ganzen Kanton. Dieser Tag ist als „der schöne 29. August“ in die Geschichte Zürichs eingegangen. Und Schwamendingen festigte damit seine Stellung als besonders fortschrittliche Gemeinde.

Leider zwang ein Lungenleiden den beliebten Pädagogen 1850 dazu, den Lehrberuf auf zu geben. Zur Kur verordneten ihm seine Ärzte möglichst ausgedehnte Seereisen. Gelten heute Kreuzfahrten vielen als Vergnügen, waren zu Bosshard's Zeiten Reisen auf dem Meer anstrengende Abenteuer. Nach zweimaligen Überfahrten nach Amerika nahm Bosshard schliesslich 1860 in Illinois Wohnsitz.
Hatte sich der Reisende schon während seiner Lehrerjahre in Schwamendingen mit der Imkerei befasst, machte er sich nun einen Namen als wegweisender Bienenforscher. Heinrich Bosshard verstarb am 7.4.1877 als bekannter Naturwissenschafter an den Folgen einer Typhuserkrankung. Ein Denkmal erinnert in seiner letzten Heimat an ihn. In der Schweiz blieb er bekannt als Autor wissenschaftlicher Schriften, aber auch als Verfasser zahlreicher Lieder. Zu seinen Ehren benannte die Gemeinde Schwamendingen später das 1825 erbaute Schulhaus um in "Heinrich Bosshard Schulhaus".

Heinrich Bosshard Schulhaus
Heinrich Bosshard Schulhaus

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