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Schwamendingen und die Eisenbahn

EisenbahnÜber viele Jahre lebte das Dorf Schwamendingen vom und mit dem Verkehr als wichtige Station auf dem Weg aus Norden nach der Stadt Zürich. Nicht verwunderlich, dass schon kurz nach ihrer Erfindung auch Ideen für eine Eisenbahnlinie durch unseren Ort geschmiedet wurden: Um 1853 hegte Alfred Escher's Nordostbahn Pläne für eine Bahnlinie von Zürich nach Winterthur. Dabei war vorgesehen, Schwamendingen an diese Bahn anzuschliessen. Die Bewohner Schwamendingens allerdings wehrten sich vehement gegen dieses Vorhaben. Einerseits weigerten sie sich, das für den Bau nötige Land zu veräussern, andererseits machten sie auch weit grundlegendere Vorbehalte geltend: Die Eisenbahn verkehre so schnell, dass man wahrlich verrückt werden müsse und zwar nicht nur bei der Fahrt mit ihr, sondern schon wenn man dauernd dem Anblick der rasenden Züge ausgesetzt werde.

Weil man sich dem Fortschritt nicht ganz in den Weg stellen wollte, gestand man der Nordostbahn schliesslich zu, die Bahnlinie über Oerlikon zu führen. Oerlikon war damals ein kleiner Ort mit etwa 750 Einwohnerinnen und Einwohnern, der zur Gemeinde Schwamendingen gehörte. Da seit dem Kirchstuhlstreit Oerlikoner und Schwamendinger Einwohnerschaften nicht nur gut auf einander zu sprechen waren, liegt der Schluss nahe, dass die Schwamendinger Bürger mit dem Entscheid, den Leuten ihrer Nachbarschaft die vermuteterweise Irre machende Bahn zuzumuten, nicht nur edle Motive verfolgten. Immerhin sollte der Bahnhof nicht direkt beim Ortskern, sondern in etwas Distanz davon angelegt werden.

Mit Eröffnung der Bahnlinien Oerlikon - Winterthur 1855, Käferbergtunnel 1856, Oerlikon - Uster 1856 und Oerlikon - Bülach 1865 wurde Oerlikon zum wichtigen Eisenbahnknotenpunkt. Ein neues Selbstbewusstsein machte sich in Oerlikon breit, so dass es 1872 zur Trennung in die beiden fortan selbständigen Gemeinden Schwamendingen und Oerlikon kam. Zahlreiche Arbeitsplätze entstanden in der neu erblühten Gemeinde Oerlikon, wodurch auch die Einwohnerzahl rapide anstieg. 1894 zählte Oerlikon nun bereits über 2'550 Einwohnerinnen und Einwohner, 1910 schon 5'807. Schwamendingen hatte nun das Nachsehen. Zwar fanden auch aus der hiesigen Bevölkerung viele Menschen Arbeit in Oerlikon, doch war es nicht länger unser Dorf, das in der Region den Ton angab.

Erst mit Betriebsaufnahme der S-Bahn 1990 fand Schwamendingen mit dem Bahnhof Stettbach doch noch Anbindung an das Eisenbahnnetz. Und wiederum ist ähnliches zu beobachten wie über hundert Jahre davor in Oerlikon: Die zuvor weitgehend unbebaute Fläche um den Bahnhof Stettbach erlebt eine gewaltige Entwicklung! In nur 20 Jahren ist eine Stadtlandschaft entstanden, deren Erschliessung im Dezember 2010 einen weiteren Höhepunkt erlebt mit Vollendung der Glattalbahn zwischen Flughafen Zürich-Kloten und Stettbach. Damit finden auch zwei Orte endlich eine direkte Verbindung, welche fluggeschichtlich nahe verwandt sind: Dort, wo sich das Zürcher Tram, die S-Bahn und die Glattalbahn beim Bahnhof Stettbach treffen, betrieben rund hundert Jahre zuvor die beiden Flugpioniere Mittelholzer und Comte auf dem Land der Familie Mahler ein erstes Flugfeld. Als "Comte Mittelholzer & Co" 1920 mit der "Ad Astra" fusionierte, flog die daraus hervor gegangene Vorgängergesellschaft der Swiss von Dübendorf aus.

(Bild aus den 1860er-Jahren der Lokomotive "Rhein", welche bei der Nordostbahn im Verkehr mit Zürich eingesetzt wurde)

Zu Verkehr und Handel finden sich im Erdgeschoss des Ortsmuseums Dokumente und Objekte.

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