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Zur Strafe in die Trülle

Bis in die zweite Hälfte des letzten Jahrhunderts ragte bei der alten Kirche Schwamendigen, einige Meter links der steinernen Treppe, ein Pfahl aus dem Boden.
Hier hatte früher eine "Trülle" gestanden, wie wir aus den ältesten noch erhalten Protokollen des "Stillstandes" erfahren.

Der "Stillstand" hatte in der Gemeinde für Anstand und Frieden zu sorgen. Er setzte sich aus dem Ehegaumer (Friedensrichter für Ehestreitigkeiten) und anderen Amtsinhabern zusammen. Bei Verfehlungen konnte er nur mahnen und verwarnen, allfällige Strafen sprach der Obervogt aus. Eine solche Strafe, die fast nur über "gering bewertete" Personen verhängt wurde, war das "Trüllen".

In einem zylinderförmigen Käfig aus starken Latten wurde der Fehlbare so lange gedreht ("gedrillt"), bis ihm übel war. Der oben erwähnte Pfahl war der Zapfen, die untere Achse der Schwamendinger Tülle gewesen.

Truelle

Im Jahre 1752 baten die Vorsteher des Dorfes Schwamendingen den Obervogt um Erlaubnis, eine Trülle aufrichten zu dürfen. Man suchte damit ein Mittel, um dem überhand nehmenden Holzfrevel der verarmten Leute zu begegnen. Der Drehkäfig wurde bewilligt und am 25. November 1752 bei der Kirche aufgestellt. Bereits am folgenden Tag führte man einen armen Sünder dorthin, aber nicht hinein, und sprach ihm kräftig zu. Ob die Abschreckung gewirkt hat, ist nicht überliefert.

In Schwamendigen wurde jeweils sonntags, im Anschluss an den Gottesdienst (!), gedrillt. Weil damals Kirchenzwang bestand, war dann die ganze Gemeinde Zeuge der Schande des Verurteilten. Die für die Zuschauer offenbar erheiternde Strafe wurde in der Regel von einem Stillständer oder vom Sigrist vollzogen. Es scheint aber, dass die Trülle in Schwamendingen nicht allzu häufig benutzt wurde.

Bereits im Februar 1757 wurde eine neue Trülle von einem Mann wegen unsittlichem Lebenswandel, Schwören und Fluchen eingeweiht. Vorher musste er einige Tage im Ötenbachturm in Zürich verbringen und sich mit zehn Streichen züchtigen lassen.

Mit der Franzosenherrschaft ab 1798 verschwanden die Trüllen. An verschiedenen Orten tauchten sie aber wieder auf, bis sie 1830 im Kanton Zürich definitiv abgeschafft wurden. Wann in Schwamendigen das letzte Mal gedrillt wurde, wissen wir nicht, doch der Pfahl dazu war noch bis in die 19sechziger Jahre zu sehen.

© Erika Munz

 

Zur Französischen Besatzung 1798-1799, wie auch zu herrschaftlicher Machtausübung, finden sich Dokumente und Fundstücke im ersten Obergeschoss des Ortsmuseums.

 

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