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Der Kehlhof

Kehlhof

Aus den Aufzeichnungen des Grossmünster-Stiftes ergibt sich, dass Schwamendingen bereits im 9. Jahrhundert zu seinen Besitztümern gehört hat. Zur Wahrung ihrer Interessen setzten damals die Grundherren besondere Beamte, den Meyer (von lateinisch major = der Obere), und den Keller (lat. cellarius = Kellermeister) in ihren Dörfern ein. Während der Meyer die Oberaufsicht besass, hatte der Keller die Abgaben für die Herrschaft einzuziehen. In kleineren Siedlungen, so auch in Schwamendingen, amtete der Keller zugleich als Meyer.

Diesem wichtigen Beamten überliess das Grossmünsterstift als Grundherrin in Schwamendingen einen stattlichen Hof, der Meyer- oder Kellerhof, später nur noch Kellhof genannt. Der Hof wurde nicht Eigentum des Kellers, sondern wurde nur auf Zeit in Pacht gegeben.

Jeweil im Frühjahr und im Herbst fanden beim Kellhof die Dorfgerichte statt. Der Keller wurde in seinem Amt bestätigt, wenn ihm seine Mitbürger ein gutes Zeugnis augestellt hatten. Bei groben Verfehlungen konnte er sofort vom Hof verstossen werden, worauf er „mit verbundenem Sack“, also leer, abziehen musste. Dies geschah allerdings selten und in den letzten vierhundert Jahren der Stiftsherrschaft wurde das Amt jeweils in der Familie Meier weitervererbt.

Der Schwamendinger Keller wird erstmals in einer Pergamenturkunde des Jahres 929 erwähnt.
Darin wird eine Frau Wilbina (Lina) als Tochter des Ruodbert (Ruppert) genannt, welcher „cellarius zuo Swamundinga“ gewesen sei. Der Kehlhof muss also schon damals bestanden haben. In weiteres mal wird im Habsburger Urbar 1303 erwähnt, in „Swabendingen“ liege ein Dinghof, welcher Eigentum des Grossmünsterstiftes sei. Oesterreich beziehe von ihm als Vogtrecht für Beschützung und Rechtsprechung jährlich 1 mut Kernen (1 Mütt = 83 Liter Getreide) und 1 mut Haber.

In den Belagerungskriegen der Oesterreicher gegen Zürich 1292 und 1351 dürfte auch unser Kehlhof unter den hier lagernden Truppen arg gelitten haben. Eine noch schlimmere Zeit brachte dann der Alte Zürichkrieg, als 1443 die Eidgenossen viele Dörfer rund um Zürich abbrannten und die Felder verwüsteten. Nach dem Krieg musste das Stift für den Wiederaufbau des Kehlhofes 170 Pfund aufwenden.

Anfangs des 16. Jahrhunderts wurden dem bestehenden Kehlhof weitere Gebäude angegliedert.
1522 erwähnt die Stiftsurkunde, dass neben dem „alten huss mit nüwer schür“ ein „nüw huss, 2 schüren, ein gemureter Keller, ouch ein spicher“ zum Hof gehörten. Zu diesem neuen Kehlhof gehörte später auch eine Trotte. Er wurde 1870 durch ein Wohnhaus und 1964 duch den Neubau der Bank Leu ersetzt.

Das alte Wohnhaus wurde 1555 abgebrochen, weil es „brästhaft und buwloss“ (krank und baufällig) geworden sei. An seiner Stelle errichtete man den heute noch dastehenden stattlichen oberen Kellhof, heute einfach Kehlhof genannt. Der damalige Kellhofer Meier leitete die Bauarbeiten nach den Plänen und Anweisungen des Stiftes.

1837 erwarb ein Nachfahre namens Caspar Meier den Hof für 21'710 Gulden. Bereits 1842 ging der Hof an die Familie Geering über, die ihn seither ununterbrochen bewirtschaftet. Dank dieser Familie blieb der älteste Hof Schwamendingens in seiner ursprünglichen Form und Funktion erhalten. Mit seiner über tausendjährigen Vergangenheit wird der Kehlhof hoffentlich auch unsere Kinder und Enkeln noch an die bewegte Geschichte Schwamendingens erinnern.

 

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